
Chefarzt klagt in Hamm gegen Abtreibungsverbot
Im Streit um Abtreibungsregelungen im Klinikum Lippstadt klagt ein Chefarzt vor dem Arbeitsgericht in Hamm darauf, medizinisch notwendige Schwangerschaftsabbrüche nicht zu verbieten.
Veröffentlicht: Mittwoch, 23.04.2025 14:13
Umstrittener Klinikstreit führt nach Hamm
In der St. Barbara-Klinik Hamm-Heessen sind Schwangerschaftsabbrüche nur dann möglich, wenn das Leben der Mutter gefährdet ist. Diese Regelung gilt für alle Kliniken in katholischer Trägerschaft. Sie stelle das ungeborene Kind unter besonderen Schutz, heißt es offiziell, über sein Leben könne nicht verfügt werden. Seit dem 22.04.2025 klagt ein Chefarzt aus Lippstadt vor dem Arbeitsgericht Hamm, um Abtreibungen durchführen zu dürfen, wenn er sie für medizinisch notwendig hält. Sein Arbeitgeber, das Klinikum Lippstadt, hat dies seit Februar per Dienstanweisung verboten.
Nach der Fusion nun die Klage in Hamm
Das Klinikum Lippstadt entstand aus der Fusion eines evangelischen und eines katholischen Krankenhauses. Um die Fusion zu ermöglichen und die Gesundheitsversorgung der Region zu sichern, mussten die katholischen Vorgaben zu Schwangerschaftsabbrüchen akzeptiert werden, berichtet Hellweg-Radio.Der Chefarzt der Frauenheilkunde, Professor Joachim Volz (Foto), klagt nun gegen diese Regelung, da sie ihm verbietet, Abtreibungen auch bei nicht lebensfähigen Föten vorzunehmen.
"Das ist eine brutale Sache, die medizinische Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch. Sie haben ein Ehepaar da, das sich auf eine Schwangerschaft freut. Wo der Frauenarzt zwar irgendwas verdächtigt hat. Aber ich sage diesem Paar dann: Dieses Kind ist nicht lebensfähig. Und dann soll ich der Frau sagen, "geh mal woanders hin". Es ist wohl jedem verständlich, dass das so nicht gehen kann" Dr. Joachim Volz.
Argumente auf beiden Seiten
Volz bezeichnete die Vorgaben der katholischen Seite am Dienstag laut Hellweg-Radio als „frauenverachtende, menschenverachtende und verknöcherte Ideologie“. Die Gegenseite sieht das anders. Für das Klinikum Lippstadt war Geschäftsführer Franz Fliss in Begleitung des Hamburger Rechtsanwaltes Philipp Duvigneau vor Ort. Der Arbeitsrechtler argumentierte vor allem mit dem Gesellschaftsvertrag zur Fusion, der in Sachen Schwangerschaftsabbruch keinen Spielraum ließe. Der vorsitzende Richter konkretisierte das in der Sitzung und erklärte, für die katholische Kirche sei Schwangerschaftsabbruch nach wie vor Mord, insofern könne der Arbeitgeber den Wunsch von Volz nicht gutheißen. Da es bei dem Gütetermin zu keiner Einigung oder zu einem Kompromiss kam, wird der Prozess im Juli in Hamm fortgesetzt.
Klinik verlassen ist keine Option
Obwohl Professor Volz den Prozess fortführen will, ist ein Weggang aus dem Klinikum für ihn keine Option, sollte er verlieren. Er sei absolut lösungsorientiert, betont er, denn wenn er weggehe, dann sei keiner Frau geholfen. Er wolle die Sache klären, und
"wenn dieser Staat denkt, ja gut, es ist halt so, so haben wir es hier geregelt - dann ist das so. Dann akzeptiere ich das. Dann werde ich hier weiterarbeiten, wenn auch mit Zähneknirschen, aber ich werde trotzdem Wege finden, diesen Frauen gut zu helfen" Dr. Joachim Volz
Auch die Gegenseite hofft auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit, vor allem, wenn das Gericht pro Klinikum entscheiden sollte. Frank Fliss, der Geschäftsführer vom Klinikum Lippstadt, erklärt, im täglichen Leben pflege man seit Jahren ein vernünftiges Miteinander mit dem angesehenen und zuverlässigen Chefarzt. Nun wünsche er sich, dass man diese Zusammenarbeit vertrauensvoll fortsetze "auf Basis des gemeinsamen Gesellschaftsvertrages und den dort enthaltenen ethischen Grundsätzen".