Ein Jahr Marc Herter als OB in Hamm: Rückblick und Ausblick
Veröffentlicht: Montag, 01.11.2021 11:44
Ziemlich genau ein Jahr lang ist Marc Herter (SPD) jetzt Oberbürgermeister bei uns in Hamm. Er hat sein Amt mitten in der Corona-Pandemie angetreten: eine Mammut-Aufgabe. Und trotzdem möchte der 47-Jährige auch andere politische Herausforderungen angehen.

Marc Herters erster Amtstag als Oberbürgermeister in Hamm war gleichzeitig der Beginn des zweiten Corona-Lockdowns in Deutschland - und damit auch hier. Deswegen ist die Zeit für ihn doppelt so schnell vergangen wie erwartet, hat er uns am Samstag im Interview bei "Bühne Frei" verraten: "Die Pandemie hat die Menschen in Hamm sehr gefordert, die Verwaltung sehr gefordert und mich sehr gefordert. Vor allem, wenn man nebenbei noch das Tagesgeschäft führen und Perspektiven für diese Stadt entwickeln will, die sie so dringend braucht", so Herter. Wir haben mit ihm über diese Pläne - und die vergangenen zwölf Monate - gesprochen.
Herter: "Ich stehe nicht für eine Schönwetter-Politik"
Direkt zu Beginn des Gesprächs stellt Herter klar: "Ich stehe nicht für eine Schönwetter-Politik. Und ob jemand Probleme lösen kann, zeigt sich in schwierigen Phasen am besten." Deswegen würde er das Amt des Oberbürgermeisters auch in Corona-Zeiten jederzeit wieder antreten. Bereut hat er bisher keine seiner Entscheidungen: "Im Nachhinein kann man immer darüber philosophieren, ob diese Maßnahme an diesem Tag die richtige war. Aber am Ende ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste. Es ging in der Pandemie um unsere Gesundheit und darum, schwere und schwerste Krankheitsverläufe zu verhindern. Dazu gehört zum Beispiel auch, eine Maske zu tragen, wo es drubbelig wird. Und zwar nach wie vor."
Corona und Schule in Hamm
Nicht leicht war die Corona-Zeit insbesondere für Schulkinder. Auch jetzt - anderthalb Jahre nach Beginn der Pandemie - ist für sie noch keine Normalität in Sicht. Genervt haben Herter insbesondere die kurzfristigen Entscheidungen von Landesseite: "Da ging es uns als Kommune nicht anders als den Schulen, weil wir die Verordnungs-Lage auch ganz kurzfristig kennengelernt haben und damit umgehen mussten. Unser Job dabei war dabei, zu erklären, aber auch, Unklarheiten mit dem Land aus dem Weg zu räumen."
Ampel-Koalition in Hamm: "auf Fortschritt gepolt"
Unterstützt wurde Herter in seinen Entscheidungen von seiner eigenen Partei - der SPD -, aber auch von Grünen und FDP als Koalitionspartner. "Das, was ich in dieser Ampel-Koalition als so wohltuend empfinde, ist, dass alle drei auf Fortschritt gepolt sind. Dass sie alle sagen, wir wollen was gestalten und was verändern. Das ist erst mal eine gute Grundlage." Auch bei strittigen Punkten gehe es am Ende darum, nicht endlos zu diskutieren, sondern auch zu entscheiden. "Wir alle wollen Digitalisierung. Wir alle wollen Klimaschutz. Der Teufel liegt oft im Detail", so Herter.
Belebung der Innenstadt
Ein viel umstrittenes Thema in Hamm ist zum Beispiel unsere Innenstadt - beziehungsweise deren Belebung. Auch das hat sich Herter zusammen mit der Ampel-Koalition auf die Fahne geschrieben: "In der Corona-Pandemie ist das natürlich schwierig. Ich kann von niemandem erwarten, dass er in so einer Zeit einen Pop-Up-Store aufmachen möchte. Wir haben aber ein Programm dafür, das reduzierte Mieten vorsieht und ich gehe davon aus, dass sich da in der auslaufenden Corona-Phase jetzt auch mehr ergibt." Eine Pop-Up-Galerie gebe es außerdem schon in der Innenstadt: an der Ecke Rödinghauser Straße/Weststraße.
Hamm ist "mehr als nur Einkaufsstadt"
Große Leerstände müsse man wohl ganz anders angehen, so Herter: "Es geht ja keiner mit einem Pop-Up-Store in den Kaufhof. Da haben wir im vergangenen Jahr grundlegende Entwicklungsstudien abgeschlossen und verschiedene Möglichkeiten für Investoren durchgerechnet. Und last but not least gehe ich davon aus, dass sich auch das B-tween noch umsetzen lässt: mit Ladenzeilen im Erdgeschoss und Wohnraum darüber." Herter begrüßt das persönlich sehr. Durch Wohnen komme schließlich wieder Frequenz in die Stadt.
Die Hammer Innenstadt sei mehr als nur Einkaufsstandort - das hätten in der jüngsten Vergangenheit unter anderem kulturelle Events wie "Hamm Hoch Vier" gezeigt. "Da war die Stadt doch voll und wir haben uns alle wohlgefühlt." Auch Angstpunkte wie das Bahnhofs-Viertel ließen sich mit dieser Strategie wieder beleben. "Das beste Beispiel dafür, dass das gelingen kann, ist das Museums-Quartier - wo Wohnen eingezogen und auf einmal ein ganz anderes Flair entstanden ist."
Großprojekt CreativRevier
Ein weiteres Großprojekt in Hamm: das CreativRevier Heinrich Robert, das gerade auf dem ehemaligen Bergwerk-Ost-Gelände entsteht. "Dort wird ein ganz neuer Stadtteil entstehen: mit Wohnen, mit Gewerbe und mit Einkaufsmöglichkeiten. Wenn wir in Düsseldorf wären, würde sich das von alleine regeln. Hier in Hamm kümmert sich eine Agentur darum, das CreativRevier zu vermarkten." Das laufe sehr gut, so Herter. Der erste Mieter sei zum 1. Oktober eingezogen: eine Qualifizierungs-Gesellschaft, die privat Pflegepersonal und anderes medizinisches Fachpersonal ausbildet. Ziel sei, am Ende insgesamt 800 bis 1.000 Arbeitsplätze am alten Zechengelände zu schaffen. Der Hammerkopfturm solle übrigens bleiben und unter Denkmalschutz gestellt werden - in Erinnerung an die Vergangenheit des CreativReviers.
Großprojekt Wasserstoff
Ganz im Osten von Hamm entwickelt sich gleichzeitig ein anderes Projekt weiter: Das ehemalige RWE-Kraftwerk soll zur Wasserstoff-Produktionsstätte werden. "Eine große Überland-Leitung wird in wenigen Jahren grünen Strom nach Hamm bringen. Jetzt geht es darum: Wie können wir diesen grünen Strom gut nutzen? Für den Betrieb unserer Häuser, klar. Aber auch für industrielle und andere Zwecke. Busse fahren zu lassen, Lkw, Müllfahrzeuge... denn dabei setzen wir nicht mehr nur auf Elektromobilität. Die Zukunft ist ein Wasserstoff-gestütztes System." So werde Hamm zur grünen Steckdose in Westfalen. "Natürlich wird eine Machbarkeitsstudie vorweggeschickt. Aber das ist eine Perspektive für unsere Stadt."
Großprojekt Rangierbahnhof
Eng mit den Wasserstoff-Plänen verknüpft sind die Pläne für eine Wiederbelebung des Rangierbahnhofs - eine 60 Hektar große Fläche mitten in Hamm, die seit langem brachliegt. "Auch hier gilt es, an die Tradition anzuknüpfen", sagt Herter. Mit der DB Cargo habe man einen fähigen Investor gefunden, um das Gelände nachhaltig zu nutzen. Wie und was aus dem Konzept wird, werden die nächsten Amtsjahre von Marc Herter zeigen.