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Innovation aus Hamm: Netz sichert Sanitäter im Wagen
© Radio Lippewelle Hamm / Oeste
Notarzt Marc aus Hamm hat den Body Acceleration Inhibitor (BACI) entwickelt
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Innovation aus Hamm: Netz sichert Sanitäter im Wagen

In Hamm wurde ein innovatives Sicherungssystem entwickelt, das Sanitäter im Rettungswagen schützt und gleichzeitig wertvolle Zeit für Patienten rettet.

Veröffentlicht: Dienstag, 16.09.2025 06:43

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Sanitäter in Hamm: Lebensretter arbeiten oft ungesichert

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Wenn die Sanitäter in Hamm Leben retten, zählt oft jede Minute. Dabei riskieren sie auch ihr eigenes Leben, denn zur Stabilisierung von Schwerverletzten müssen die Sanitäter während der Fahrt ungesichert stehen. Bis zu 800 Ersthelfer werden deshalb pro Jahr in Deutschland bei Unfällen teils schwer verletzt.

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Aus eigener Erfahrung entsteht lebensrettendes System

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Um dies zu verhindern, hat der Notarzt Marc aus Hamm ein System entwickelt, das die Sanitäter schützen soll. Er hat diese Entscheidung getroffen, nachdem er sich beim Stabilisieren selbst in Gefahr bringen musste.

„Plötzlich hat der Patient aufgehört zu atmen. Ich muss ihn intubieren, damit er weiter Luft bekommt. Ich habe mich dann vor den Kopf des Patienten gesetzt und mein Kollege sagte zum Fahrer: ‚Bitte fahr vorsichtig, denn wenn du bremst, bricht er sich das Genick.‘ Ab diesem Zeitpunkt habe ich mir gesagt: ‚Schluss, das darf so nicht sein!‘ So ist das Ganze eigentlich ins Rollen gekommen.“ – Marc, Notarzt und Erfinder von BACI aus Hamm
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Innovation aus Hamm: Netz sichert Sanitäter im Wagen
© Radio Lippewelle Hamm / Oeste
Während der Fahrt kann der Sanitäter sicher Hilfemaßnahmen ausführen.
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Mehr Sicherheit für Helfer dank innovativem Rucksack-System

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BACI steht für Body-Acceleration-Inhibitor. Es handelt sich um ein im Rettungswagen montiertes Rettungsnetz, welches zwischen Boden und Dach des Wagens aufgespannt wird. Der Sanitäter zieht einen Rucksack an, der direkt am Patientenkopf hängt, um dort Erste Hilfe leisten zu können. In dieser stehenden Position ist er bei einem möglichen Crash, Ausweichmanöver oder einer Vollbremsung sicher.

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Von Garage in Hamm zum geprüften Sicherheitssystem

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Die Entwicklung des besonderen Sicherungssystems hat in einer Hammer Garage begonnen. Zunächst wurden 13 Prototypen angefertigt, bevor das System aus Gurten entstand. Vor allem muss der Einbau schnell und sicher gewährleistet sein. Dies wurde durch verschiedenste Crash-Tests sichergestellt, welche das System erfolgreich bestanden hat. Somit ist sowohl ein schneller und einfacher Einbau als auch eine schnelle Bedienung und eine sehr hohe Sicherheit gewährleistet.

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Mehr Sicherheit, schnellere Hilfe und weniger Staus

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Es ist ein System, das nicht nur einen Schutz der Sanitäter gewährleistet. Denn durch die neuen Möglichkeiten der Versorgung während der Fahrt können fast alle Hilfsmaßnahmen nun währenddessen durchgeführt werden. Das spart bis zu 45 Minuten, sodass der Patient früher in der Klinik ist. Durch das schnellere Verlassen des Unfallorts lösen sich gleichzeitig auch Staus schneller auf. Somit werden nicht nur CO₂, Treibhausgase und Lärmemissionen eingespart, sondern auch die Staukosten reduziert, die alleine in Deutschland pro Jahr bei 80 Milliarden Euro liegen.

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Noch vier Monate bis zum Einsatz

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Bis das System endgültig in den Rettungswagen eingebaut werden kann, dauert es allerdings noch bis zu vier Monate. Bis dahin muss das Produkt noch einige Behördengänge durchlaufen.

„In Deutschland ist es glücklicherweise so, dass alles auf Herz und Nieren getestet wird. Wir müssen jetzt noch ein paar behördliche Hürden überwinden, aber es sieht sehr gut aus, dass wir in zwei bis vier Monaten so weit sind.“ – Marc, Notarzt und Erfinder von BACI aus Hamm
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Deutschlandweiter Schutz für Rettungswagen geplant

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Langfristig ist das Ziel, das System in allen Rettungswagen in Deutschland und darüber hinaus einzubauen. So soll der Schutz der Rettungsmitarbeiter, die versuchen, ein anderes Leben zu schützen, selbst gewährleistet werden.

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Innovation aus Hamm: Netz sichert Sanitäter im Wagen
© Radio Lippewelle Hamm / Oeste
Das BACI ist sicher im Rettungswagen verankert.
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FAQ - die wichtigsten Antworten auf Hörerfragen zum Thema

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Wofür steht BACI?

Body - Acceleration - Inhibitor. Es gibt Anwendern einen festen Stand in einem fahrenden Fahrzeug (RTW). Es schützt Anwender auch in stehender Position während der Fahrt bei einem Crash.

Bei welchen Rettungsdiensteinsätzen wird BACI angewendet?

Nur bei "Roten" (vital akut lebensgefährlich bedroht) Schockraum Patient / Non-Trauma-Schockraum Patient. Etwa 10-15 % aller Patienten im Rettungsdienst sind "Rot", etwa 5.000 am Tag in Deutschland. Es wird NUR bei medizinischer Indikation genutzt, zur spontanen Intervention während der Fahrt, die zur Stabilisierung des bedrohten Menschen führen soll.

Welche Eingriffe wären das?

Im Prinzip sind sämtliche lebensrettenden Eingriffe (ABCDE) möglich, sofern der Anwender innerhalb seiner Kompetenz bleibt. Wie bei jedem Arbeitsgerät ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, es muss also bereits vor dem Einsatz geübt werden. 

Ist das BACI fest im RTW verbaut, stört es, nimmt es Platz weg?

Das Sicherheitssystem wird NUR bei Bedarf in zehn Sekunden eingehängt und in 15 Sekunden von Anwender angelegt. Wird es nicht mehr gebraucht, dauert der Abbau max. 20 Sekunden. Der RTW ist dann so wie vor dem Einsatz frei. Das BACI wird zusammengerollt und nimmt soviel Platz weg wie eine Rettungsdienst-Sommerjacke (ohne Innenfutter).

Welche Größen gibt es und wie reinigt man es?

Drei Größen sind im System selbst einstellbar: S - M - L (S=160 - 170 m / M=170-180 m / L=180 -195 m). Desinfiziert wird genauso, wie auch die anderen Gurte desinfiziert werden. Die Dauer hängt vom Reinigenden ab. 

Wo genau wird das BACI im RTW positioniert, komme ich an Geräte und Medikamente dran?

Es wird an einer Laufschiene oben im Dach des RTW und an einer bodenebenen Laufschiene im Boden des RTW eingehängt. So können Anwender einmal um die Patientenliege herum gehen. Jedes Gerät, jedes Medikament ist frei zugänglich. Es besteht die Möglichkeit, sich mit bis zu 3 einzelnen Systemen gleichzeitig einzuhängen - z.B. Kopf, Brustkorb, Becken wären so auch während der Fahrt sicher in stehender Position zu behandeln.

Ist es wirklich sicher?

Das BACI System ist sicher. Es wurden unabhängige, wissenschaftlich begleitete Versuche, Belastungs- und Crashtests durchgeführt. U.a. in der HTW Berlin unter der Leitung von Verkehrssicherheits-Experten. Umkippversuch: (02/2025) BACI System hat den Dummy sicher fixiert. Belastungstest: (05/2025) Die BACI Aufhängung wurde mit einer Zugmaschine bis 3,6 Tonnen Zugkraft belastet, ohne eine Komponenten-Veränderung. Crashtest: (07/2025) Ein drei Tonnen schwerer Lieferwagen rast mit 54 km/h in die rechte Seite eines RTW. Der im RTW durch BACI geschützte Dummy blieb leicht verletzt (07/2025). Ergebnis: Head Injurance Criterion (HIC) lag bei 78. Grenzwert ist 1000. Brustkorb Belastung bei 17 g. Grenzwert ist 60 g. Beckenbelastung minimal.  

Wozu braucht der Rettungsdienst das BACI?

Eine seit Jahren bestehende Sicherheitslücke wird mit BACI geschlossen. Wenn bei Signalfahrten (Blaulicht, Signahorn, etc.) Patienten aufgrund von nicht absehbaren Vorkommnissen und trotz sorgfältiger Vorbereitung instabil werden, aber die Zeit fehlt, den RTW anzuhalten, behandeln wir "aktiv" während der Fahrt in stehender Position. Zur Zeit noch völlig ungesichert. Während dieser Situation trägt es nicht zur Lebenserhaltung der Patienten bei, die Fahrt zu unterbrechen. Mögliche Gründe für solche Vorkommnisse: Plötzliche Gefäßrisse, Einblutungen, technisches Material fehlerhaft, Schlaglöcher, Übelkeit, Erbrechen, undurchdringliche Staus, allergische Reaktion ohne Vorwissen, äußere Umstände am Einsatzort, u.v.m. 

Wie oft brauche ich im Rettungsdienst das BACI System?

Pro einzelnem 24 Stunden Dienst ca.1,2 - 2,0-mal, statistisch. Am Tag in Deutschland etwa 5.000-mal, statistisch.

Wer hat den größten Nutzen dieses Sicherheitssystem?

A) Die "Roten" (vital akut, lebensgefährlich bedroht) Schockraum Patienten / Non-Trauma-Schockraum Patienten. Sie haben aufgrund der durch BACI signifikant verkürzten Transportzeit zur Klinik, (Trepanation, Herzkatheterlabor, ECMO, Stroke Unit, Blutkonserven, u.a.) eine bessere Überlebenschance. Jede Sekunde zählt!

 B) Die Rettungsdienst-Mitarbeiter. Sie werden jetzt nicht nur in einer "passiven", sitzenden Position gesichert, sondern auch in der "aktiven stehenden Position". Denn nur wer direkt unmittelbar am Patienten steht, kann diesem auch helfen. Aus einem Sitz heraus das EKG beobachten ist nie verkehrt, hilft aber im Zweifel niemandem, wenn man nicht eingreifen kann, wenn es drauf ankommt 

C) Die Umwelt, denn einsatzbedingte Staus werden schneller aufgelöst. Dadurch Reduzierung von CO₂, Diesel-, Benzin-, Strom-, Verbrauch, Lärmreduktion.

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Autor: Leon Oeste

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