Keine Brötchen! - Bäcker im Hamm kämpfen mit Personalsorgen

In Hamm ist die Zahl der ansässigen Bäckereifilialen in den vergangenen Jahren weiter zurückgegangen. Neben gestiegenen Preisen sieht Innungsmeister Meinolf Erdmann auch Personalprobleme als Grund.

Frische Brötchen direkt aus dem Ofen. Bäcker müssen dafür früh aufstehen.
© Tim Reckmann/FotoDB.de

Angespannte Situation für Bäcker in Hamm

Wie geht es weiter mit den drei Filialen von Empting's Backstube in Pelkum, Wiescherhöfen und der Selmigerheide? Nach der Privatinsolvenz des Hammer Bäckers Lutz Kapschak ist die Zukunft der Filialen ungewiss. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Bäcker in Hamm schließen muss. Vor fast sechs Jahren hatte die Bäckerei Hake aus persönlichen Gründen mehrere Filialen aufgegeben. Damals sprang Sondermann Brot als Traditionsbäcker aus dem Sauerland ein. Durch massiv gestiegene Energie- und Personalkosten ist der Betrieb für viele Bäcker nicht mehr wirtschaftlich zu führen, so der Innungsmeister der Bäcker Meinolf Erdmann. Auch die Konkurrenz durch Backwaren aus Supermärkten sorge für eine angespannte Situation. Oft würden Stammkunden den Betrieb sichern.

Bäckereien mit Cafés in Hamm besonders betroffen

Wie in vielen Branchen hätte die Pandemie die finanzielle Situation für die meisten Betriebe in Hamm deutlich verschärft. Besonders betroffen seien Bäckereien, die erst vor Kurzem massiv in den Ausbau ihres Cafébereiches investiert hätten, so Erdmann. Diese Ausgaben seien natürlich in den beiden Pandemiejahren nicht wieder reingekommen, sodass die Auswirkungen noch jetzt zu merken seien.

Sonntagsöffnungen bei Bäckern in Hamm kaum zu stemmen

Vor allem sorgen sich die Bäckereien aber um fehlendes Personal in den Betrieben, heißt es. Neben dem alltäglichen Geschäft sei es vor allem für die Öffnungszeiten am Sonntag sehr schwierig, genügend Mitarbeiter zu finden, so der Innungsmeister Meinolf Erdmann. In seinem Betrieb würden die Verkäufer drei Mal monatlich auch sonntags arbeiten. Der hohe Personalaufwand lasse sich allerdings nur rechtfertigen, wenn das auch die Auslastung hergebe. Daher müssten sich die Bäcker genau überlegen, wie sie ihre Öffnungszeiten mit dem vorhandenen Personal gestalten. Erdmann bittet dafür die Kunden um Verständnis.

Kaum Nachwuchs in Bäckereien wegen schlechtem Image

Grund für den Personalmangel sei vor allem der fehlende Nachwuchs, so Erdmann. In 30 Prozent der Betriebe würden auch heute noch schlechte Arbeitsbedingungen herrschen. So würden einige Bäckereien ihre Mitarbeiter - auch aus finanzieller Not heraus - untertariflich bezahlen und keine Zulagen bieten. Dieser kleine Teil aller Betriebe sorge dafür, dass die gesamte Branche in puncto Arbeitsbedingungen ein schlechtes Image habe, heißt es. Viele Mitarbeiter hätten sich auch durch diese Situation umorientiert und würden jetzt in anderen Bereichen arbeiten. Jeder einzelne Betrieb sei jetzt dafür verantwortlich, den Ruf des Berufes wieder zu verbessern.

Acht Bäckereien in Hamm

Die Zahl der Bäckerei-Azubis sei bereits rapide nach unten gegangen: In den 8 Bäckereien und 20 Verkaufsfilialen in Hamm gab es im Herbst vergangenen Jahres noch 32 Auszubildende, sagt Isabell Mura von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Vor knapp zehn Jahren – im Herbst 2013 – waren es noch 132 Azubis: in der Herstellung und im Verkauf. Die NGG Südwestfalen beruft sich auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. 

Gewerkschaft: Mehr Druck für bessere Bedingungen

Die Verhandlungen zwischen der NGG und dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks über einen neuen bundesweiten Tarifvertrag für Auszubildende seien vorerst gescheitert, heißt es. Es komme jetzt auch darauf an, dass das Bäckerhandwerk in Hamm Druck auf den eigenen Innungsverband mache.

Finanzielle Probleme zum Teil selbst verschuldet

Dass viele Betriebe in Hamm unter massiv gestiegenen Energiekosten leiden, kann Erdmann nur zum Teil verstehen. Zwar seien die Preise gestiegen, viele hätten vorher aber auch von sehr günstigen Preisen von Billiganbietern profitiert, anstatt sich langfristige Verträge zu sichern. Generell sieht er kleinere Betriebe im Vorteil, da diese besser auf aktuelle Entwicklungen reagieren könnten als große Ketten.