Reaktionen aus Hamm auf Wahlergebnisse in Hessen und Bayern

Die Wahlergebnisse der Landtagswahlen in Hessen und Bayern stoßen bei den Parteien in Hamm auf gemischte Gefühle, bei vielen überwiegt die Sorge, dass Politik die Menschen nicht mehr erreicht.

© PantherMedia / Martin Konopka

Das denkt ihr in Hamm zu den Wahlergebnissen in Hessen und Bayern

Die Bundesregierung in Berlin scheint momentan ein massives Vertrauensproblem zu haben: Bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen am Sonntag haben alle Ampelparteien ordentlich Stimmen verloren. Ja, aber was wollen die Leute denn nun von der Politik? Viele Hammer haben eine ganz klare Meinung:

"Mehr Einigkeit würde ich mir wünschen, kommt mir manchmal vor wie im Kindergarten."
"Die Reden immer und reden und es passiert nichts."
"Der Olaf müsste mal lockerer werden."
© Radio Lippewelle Hamm

Kein Jubel bei der CDU in Hamm

Ralf Steinhaus als Vorsitzender der CDU-Fraktion in Hamm bewertet die Ergebnisse zwar als positiv, für seine Partei, die in Hessen stärkste Partei geworden ist (in Bayern hat das die Schwesterpartei CSU erreicht). Allerdings macht Steinhaus durchaus Sorge, dass es "die SPD ganz fürchterlich getroffen hat", da hier eine der großen Volksparteien enorme Verluste erlitten habe und man beide Parteien brauche in Deutschland. Steinhaus führt das Erstarken der AfD und die Verluste der anderen Parteien auf die Politik der Ampel in Berlin zurück. Dort herrsche Chaos, und das komme bei den Menschen nicht gut an - Stichwort Heizungsgesetz. Der Bürger dürfe von der Politik eine klare Linie erwarten. Die fahre beispielsweise die Hammer CDU hier in der Stadt, so Steinhaus.

SPD Hamm: Herber Schlag für demokratische Kräfte

Die SPD Fraktionsvorsitzende in Hamm, Dilek Dzeik-Erdogan, bezeichnet das Ergebnis der Landtagswahlen als "bitter". Das beziehe sie gar nicht in erster Linie auf die teilweise starken Verluste der SPD, so Dzeik-Erdogan. Es geht vielmehr darum, dass "demokratische Kräfte jetzt ihren Platz räumen müssen für nicht-demokratische Kräfte", dass rechtsextreme Meinungen in der Gesellschaft "nicht nur toleriert werden, sondern dass man sie wählt". Verlierer der Wahlen sei für sie deshalb eindeutig die Demokratie. Für die Hammer SPD-Vorsitzende ging es bei den Wahlen nicht um konkrete Inhalte, sondern um Stimmungen. Das bedeute für die Politik auch, dass man ehrlich über die beispiellosen Herausforderungen berichten müsse, vor der die Gesellschaft stehe - und auch Probleme mutiger ansprechen und um gute Lösungen ringen. Auch politischer Streit in angemessener Form müsse möglich sein, so Dzeik-Erdogan. Für Hamm sieht sie keine Konsequenzen, hier seien die Voraussetzungen ganz anders, hier könnte die Ampel aber auch die Menschen einfacher "mitnehmen", indem lokale Projekte den Bürgerinnen und Bürgern nähergebracht werden. Wertschätzung und Gefühle sollten auch weiter immer bei den Menschen vor Ort erfragt werden, um zu wissen, wo die Politik hinführen solle. In Hamm sei die Ampel stabil, so Dzeik-Erdogan.

Grüne in Hamm: Unzufriedenheit erkennen und Lösungen liefern

Das Fazit von Reinhard Merschhaus als Fraktionsvorsitzender der Grünen war auf Lippewelle-Nachfrage eindeutig: Es habe ein Rechtsruck stattgefunden, und die Konsequenz könne nur sein, alles dafür zu tun, den Zulauf zur AfD zu stoppen. "Bei der Asylpolitik ist Handlungsbedarf", so Merschhaus, natürlich unter humanistischen Regeln, aber grundsätzlich könne man nicht unendlich viele Menschen im Land aufnehmen, wenn man sie nicht versorgen könne. Bei dem Problem sei man in Hamm noch vergleichsweise entspannt, so Merschhaus, allerdings tauche es natürlich massiv beispielsweise in Kitas und in Grundschulen auf, wo das Personal häufig über seine Grenzen hinaus gefordert werde. Unzufriedenheit in allen solchen Belangen, z.B. beim Thema Betreuung, müsse noch besser gemacht werden. In Berlin gebe die Regierung ein "fürchterliches Bild" ab, so Merschhaus. Gleichzeitig reiche es aber nicht aus, zu sagen, die Menschen müssten gehört werden. Es gebe auch das Problem, dass viele Bürgerinnen und Bürger gar nicht mehr hören wollten, sondern nach dem Motto agierten: "das und das will ich - das passiert nicht - alles ist scheiße". Man müsse auch Veränderungen akzeptieren und an sich heranlassen, so Merschhaus. Er gebe zu, das alles zusammen verlange viel von Menschen, die ihrerseits vielleicht auch stark unter Druck stehen.

FDP Hamm: Demokratische Parteien müssen den Menschen zuhören

Für Ingo Müller als Fraktionsvorsitzenden der FDP wird aktuell zu wenig auf die Sorgen der Menschen eingegangen. Da laufe die Politik in Berlin aus seiner Sicht an den Menschen vorbei, so Müller. Auch er sieht als Riesenproblem die Einwanderungspolitik. Grundsätzlich gehe es für ihn aber darum, Kontakt zu Menschen zu halten und hinzuhören - egal ob irgendwo in den Städten, im Zug oder auf Sportplätzen. Grundsätzlich sieht Müller die Arbeit der Ampel als weiter möglich an, er geht sogar noch weiter und betont: demokratische Parteien müssten immer zusammenarbeiten können. Dafür sei wichtig, dass man auch mal über seinen Schatten, sprich: alles, was im Wahlprogramm steht - hinwegspringt. In Hamm funktioniere die Ampel ja auch - und man komme am Ende zu guten Kompromissen. Müller hofft, dass sich demokratische Kräfte noch durchsetzen. Politik sei eben auch schnelllebig, meint er und es könne auch für die FDP schon funktionieren, wenn Themen angepackt werden, die Menschen auf den Nägeln brennen, wie Bürokratiemonster, Fachkräftemangel, Steuerentlastungen oder auch Flüchtlingspolitik.

Bundestagsabgeordneter aus Hamm ordnet ein

Wir wollten von Michael Thews, dem SPD-Bundestagsabgeordneten aus Hamm, wissen, wie er die Wahlen beurteilt. Er betonte, zunächst einmal seien die Ereignisse in Israel gerade wichtiger als die Ergebnisse, obwohl die aus Sicht eines Sozialdemokraten natürlich keinen Grund zur Freude lieferten. Er betonte, aus seiner Sicht seien die Gründe, die zu den schlechten Wahlergebnissen der Regierungsparteien geführt hätten, vielfältig und sehr stark von der aktuellen Stimmung im Land beeinflusst. So seien Gesetze, die bereits für die Menschen gemacht wurden, gar nicht mehr thematisiert worden - Stichwort Mindestlohn oder Kindergrundsicherung. Neuwahlen, wie sie in einer aktuellen Umfrage gefordert werden, hält Thews für kontraproduktiv. Ein Land im Dauerwahlkampf könne unter anderem keinen Haushalt verabschieden. Die Ampel müsse nun konzentriert weiterarbeiten nach dem Motto von Johannes Rau: "Sagen, was man tut, und tun, was man sagt".

AfD Hamm spricht von "Sieg für die Demokratie"

Pierre Jung sagt für die AfD in Hamm auf Nachfrage, die Aktivierung von Nichtwählern sei für seine Partei "zweifellos ein Sieg für die Demokratie". Vor allem in Bayern habe man zusammen mit der CDU mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten und das bedeute, dass die Bürger konservative Politik bevorzugen und von ideologischen Ansätzen in den Bereichen Klima, Gender, Verkehr und Migration genug hätten. Jung verweist auf weiter steigende Mitgliederzahlen, auch in Hamm. Aus seiner Sicht wollten immer weniger Menschen "weder ihre Sicherheit noch ihre Mobilität oder ihren hart erarbeiteten Wohlstand für eine migrations- und klimaideologische Politik opfern".

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