So steht es um die Sportförderung in Hamm
Veröffentlicht: Montag, 07.10.2024 08:46
Nach den Olympischen Spielen in Paris gab es viel Kritik: In Deutschland werde viel zu wenig für Sportler getan. Auch in Hamm fehlen Strukturen - einiges läuft aber auch schon gut.
Sportförderung in Hamm braucht Geld und andere Strukturen
Was in den USA ein einziges College für seine Sportler ausgibt, muss bei uns bundesweit zwischen allen Sportlerinnen und Sportlern aufgeteilt werden - dieser Vergleich kam nach den Olympischen Spielen in Paris immer wieder auf. Auch Frank Scharschmidt, der in Hamm die Sportgala ausrichtet, findet, schon im Schulsport müsse in Hamm der Grundstein gelegt werden. Die Kritik nach den Spielen: Die Sportförderung in Deutschland ist massiv unterfinanziert. Bei den Olympischen Spielen in Paris waren auch Athletinnen und Athleten aus Hamm dabei. Mit mehr Geld allein ist es aber nicht getan, es müsse sich etwas an den Strukturen verändern, meint Stefan Peltzer. Er beschäftigt sich als Zweigstellenleiter der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Hamm mit dem Sport aus wirtschaftlicher Perspektive. Peltzer war früher aber auch selbst als Leichtathlet im Spitzensport aktiv und ist seit 20 Jahren ehrenamtlich im Sportverein engagiert.
Kinder und Jugendliche in Hamm wollen Sport machen
In seinem Sportverein mangele es nicht an Interesse oder Lust an Bewegung, sagt Peltzer: "Wir haben gar keine Probleme, Kinder und Jugendliche für den Sport zu gewinnen. Im Gegenteil: Wir haben eine Warteliste, weil es uns an Trainern fehlt." Aber: Jugendliche, die sich auf der Schwelle zum Leistungssport befinden, bekommen nicht genügend Unterstützung, so Pelzer. In erster Linie fehlen Trainer, die sich voll und ganz dieser Aufgabe widmen können. Zusätzlich müssten die Vereine seiner Erfahrung nach immer wieder um Sponsoring kämpfen, um diese Trainer, Fahrkosten oder Wettkampfteilnahme zu finanzieren, ergänzt Scharschmidt.
Ehrenamtliche Trainer in Hamm können keine Leistungssportler trainieren
Die meisten Trainer in Hamms Vereinen sind Ehrenamtler, die sich neben ihrem Vollzeit-Job im Sport engagieren. Sie haben in der Regel vormittags keine Zeit, Leistungssportler müssen aber mehrmals pro Tag trainieren. Das passt nicht zusammen, so Peltzer. In den USA seien die Trainer dagegen Angestellte der Hochschulen. So ein Systemwechsel sei nicht von heute auf morgen möglich. Doch auch bei uns brauche es dringend mehr hauptamtliche Trainer.
"Ich hätte Spaß daran, in der Leichtathletik auch als Trainer zu arbeiten, würde das auch ein oder zwei Tage pro Woche schaffen. Aber die Anforderungen für ambitionierte Sportler, die fünfmal pro Woche trainieren und in der Wettkampfsaison fast jedes Wochenende bundesweit unterwegs sind - das ist für einen Berufstätigen nicht zu machen." - Stefan Peltzer, ehemaliger Leichtathlet und Ehrenamtler im Sportverein
Schulen in Hamm müssen sich auf Sportler einstellen
Jugendliche, die in den Leistungssport gehen, brauchen aber nicht nur geeignete Trainer und Trainingsstätten, die den ganzen Tag geöffnet sind. Sie müssen den Sport auch mit der Schule und mit ihrem Privatleben vereinbaren können. Ein positives Beispiel ist laut Peltzer das Goethe-Gymnasium in Dortmund. Dort gebe es ein fest eingeplantes Früh-Training in Begleitung von Lehrkräften. Andere Schulen könnten sich ebenfalls mehr auf Sportler einstellen, indem sie etwa den Sportunterricht auf die ersten Stunden des Tages legen würden, so Peltzer. Bisher müssten die meisten jungen Leistungssportler die Trainingsmöglichkeiten immer wieder neu mit ihren Lehrerinnen und Lehrern aushandeln.
Professionalisierung und wirtschaftliche Vernetzung der Sportvereine in Hamm
Bei aller Kritik: Einiges läuft in Hamm auch schon richtig gut in Sachen Sportförderung. Dazu zählt für Peltzer als IHK-Zweigstellenleiter die Ausbildung zum Vereinsmanager, die der Stadtsportbund Hamm anbietet. Durch einen Vereinsmanager gewinnen Sportvereine demnach an Professionalität. Das mache es für sie zum Beispiel einfacher, professionelle Verträge mit Sportartikelherstellern zu schließen und eine Vernetzung mit der Wirtschaft besser zu organisieren. Diese Vernetzung sei in Hamm noch ausbaufähig: "Ich glaube, dass die Wirtschaft sehr viel zu bieten hat und auch die Bereitschaft hat, den Sport zu unterstützen, zu zeigen und zu erklären, was Sport macht", so Peltzer. Viele Unternehmen in Hamm unterstützen die Sportvereine bereits, sagt auch Markus Kreuz, Sportdezernent der Stadt Hamm - etwa über Werbung und Anzeigen in Vereinszeitschriften. Wünschenswert sei es auch, dass Unternehmen den jungen Sportlerinnen und Sportlern, die bei ihnen arbeiten, den Freiraum geben, sich sportlich weiterzuentwickeln.
Sportvereine in Hamm können Hallen und Plätze kostenlos nutzen
Im Gegensatz zu einigen anderen Städten erhebt die Stadt Hamm keine Nutzungsgebühren für ihre Sportstätten. Dadurch habe jeder Verein die Möglichkeit, Sportangebote kostenlos oder sehr günstig anzubieten, so Sportdezernent Kreuz. Darüber hinaus gebe es auch finanzielle Zuschüsse, zum Beispiel für den Betrieb der Eishalle. Die Stadtwerke betreiben und bauen neue Lernschwimmbecken für den Schul- und Vereinssport. In Hamm gebe es für die Förderung des Spitzensports zusätzlich den "Verein zur Förderung des Spitzensports", an den sich junge, talentierte Sportlerinnen und Sportler wenden können, um finanzielle Unterstützung zu erhalten, so Kreuz.
Westpress Arena in Hamm als Zukunftsmodell
Ein echtes Zukunftsmodell ist die Westpress Arena in Hamm, sagt IHK-Zweigstellenleiter Stefan Peltzer. Die geteilte Nutzung des Gebäudes und der Parkplätze von Sport und Einzelhandel sei bundesweit einmalig. "Ich glaube, dass dieses Modell aus Hamm noch Schule machen wird", so Peltzer. Viele Vereine seien auf der Suche nach Lösungen für die steigenden Anforderungen, die es vor allem im Mannschaftssport gebe, zum Beispiel an die Ausstattung mit Zuschauertribünen und Livestreams.
So wird der Sport in Hamm finanziert
Die Stadt unterstützt den Sport in Hamm über den städtischen Haushalt mit ca. 30 Mio. Euro in den Jahren 2024 und 2025. Dieses Geld dient insbesondere dem Bau, der Sanierung und der Unterhaltung der Sporthallen und Plätze, heißt es von Sportdezernent Kreuz. Dazu komme noch die Sportförderung durch den Stadtsportbund mit mehr als 800.000 Euro pro Jahr sowie die finanzielle Unterstützung durch städtische Unternehmen, wie die Stadtwerke, die Impuls und die HGB. Um Sportvereine in Hamm zu fördern und zu unterstützen haben sich Stadtsportbund (SBB) und Stadt Hamm im vergangenen Jahr auf einen Pakt für den Sport in Hamm geeinigt. Auch die Volksbank, die Sparkasse und die Spar- und Darlehnskasse engagieren sich in der Sportförderung. Von der Hammer Sparkasse gibt es jährlich rund 800.000 Euro. In Deutschland sei die Sportförderung grundsätzlich unzureichend. Das zeigt eine Studie der deutschen Wirtschaft Köln. "Die deutsche Sportförderung ist ineffizient und verfehlt ihr Ziel, den Spitzensport nachhaltig zu stärken", sagte IW-Ökonomin Melinda Fremerey. Zu oft verschlechtere Bürokratie die staatlichen Maßnahmen, so der Ökonom Simon Gerards Iglesias.
Alles rund um den Sport in Hamm findet ihr hier.
Autorin: Paula Hammerschmidt