Grüne in Hamm raufen sich zusammen

Die Grünen sind in einer aktuellen Forsa-Umfrage auf den schlechtesten Wert seit sieben Jahren abgestürzt. Dabei wird im kommenden Jahr gewählt – nicht nur im Bund, sondern auch in Hamm. Genug Stoff für die außerordentliche Mitgliederversammlung der Hammer Grünen am Dienstagabend (29.10.).

Volker Burgard, grüner Klimadezernent, spricht auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung der Grünen.
© Radio Lippewelle Hamm / Wilkes

Grüne in Hamm stehen vor Zerreißprobe

"Wir müssen reden": Das sehen offenbar viele Grüne in Hamm so. Über 50 waren im Gemeindezentrum an der Lange Straße im Hammer Westen dabei, rund ein Drittel aller Mitglieder in Hamm. Im Vorfeld gab es reichlich Zündstoff. Ein Teil der Mitglieder, vor allem Mandatsträger aus dem Rat, kritisierte den relativ neuen Vorstand, auch in offenen Briefen. Sie hatten die außerordentliche Mitgliederversammlung beantragt. Der Vorwurf: der Vorstand verkenne die dramatische Lage für die Partei. Der Ratsherr Karsten Weymann forderte sogar den Rücktritt und Austritt des Vorstands. Weymann war bei der Mitgliederversammlung allerdings nicht vor Ort, sondern im Urlaub.

Polit-Establishment will mehr Tempo bei Wahlvorbereitung

Stellvertretend sagte der grüne Klimadezernent Volker Burgard: "Wir gehen unter, und hier werden alte Rechnungen aufgemacht". Auch Reinhard Merschhaus, Sprecher der Ratsfraktion, sagte: "Der Vorstand hat sich noch nicht viele Gedanken gemacht." Für die Kommunalwahl müssten rund 50 Menschen als Kandidaten gefunden werden. Andere Kreisverbände hätten schon einen OB-Kandidaten aufgestellt. Merschhaus forderte eine Wahlkampfkommission, die Interessenten ansprechen sollte. Er selbst stehe aber nach über 30 Jahren nicht mehr für eine Ratskandidatur zur Verfügung, machte Merschhaus deutlich. Gleichzeitig würden die Erfolge der Grünen in der Hammer Ampelkoalition schlechtgeredet. "Hamm war in 40 Jahren noch nie so grün, wie es derzeit ist", sagte Burgard. Merschhaus: "Wir haben mehr erreicht als in den 40 Jahren davor."

Mitglieder in Hamm fordern mehr Rückkopplung

Umgekehrt wirft die Parteibasis den Amtsträgern vor, zu wenig Kontakt zur Basis zu suchen. "Es gibt keine Kopplung der Arbeitsgemeinschaften an die Ratsfraktion", sagte Matthias Bartscher. Die Ratsfrau Christina Böttcher rechnete allerdings vor, dass mehr als ein Drittel der gut 140 Mitglieder ein Amt haben, wenn man alle Mandate in Bezirksvertretungen und Aufsichtsräten dazu rechnet: "Es gibt diese Trennung gar nicht." Einige, wie der ehemalige Kinderbeauftragte Bartscher, sehen auch inhaltliche Defizite bei den Hammer Grünen in der Bildungs- und Familienpolitik. Peter Kruse sprach die schlechte Außendarstellung der Grünen in Hamm an. Er werde von den Leuten angesprochen: "Mit diesen Leuten könnt Ihr nicht mehr antreten." Matthis Arndt sagte auch: "Die Spitzenkandidaten müssen die Fraktion anführen". Er spielte damit darauf an, dass bei der Wahl vor vier Jahren Arnela Sacic OB-Kandidatin war, sie in der Ratsfraktion dann aber wieder hinter Merschhaus zurückstehen musste.

Grüne in Hamm raufen sich zusammen

Einig waren sich alle, dass die Grünen ihre Erfolge z.B. in der Klima- und Verkehrspolitik in Hamm besser verkaufen sollten, so wie es die SPD in Hamm erfolgreich mache. Dazu wollen die Grünen stärker auf Social Media setzen, am besten in Verbindung mit Veranstaltungen, aber auch auf den klassischen Plakatwahlkampf. Ob sie einen eigenen OB-Kandidaten ins Rennen schicken, wollen sie Anfang nächsten Jahres entscheiden. Fazit des Abends: die Grünen zeigen sich offensiv, sie wollen für ihre Themen werben, auch wenn sie nicht bei allen populär sind. Und: Sie wollen sich zusammenraufen. Wichtigste Erkenntnis: Die Menschen wählen keine Parteien, die zerstritten sind.

"Also wir haben immer schon gut und kontrovers diskutiert, aber das sollte man hinter verschlossener Tür machen." - Petra Grünendahl, Ratsfrau der Grünen

Autor: Rainer Wilkes


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