Viele Lehrer in Hamm sind überlastet
Veröffentlicht: Freitag, 16.02.2024 07:39
NRW-weit fühlt sich die Mehrheit der Lehrer enorm belastet oder sogar extrem überlastet. Das zeigt eine Umfrage der Gewerkschaft GEW. Auch Lehrer aus Hamm entscheiden sich wegen der Arbeitsbedingungen gegen der Beruf.
GEW-Befragung zeigt Überlastung vieler Lehrkräfte in Hamm
Die Mehrheit der Lehrer in Nordrhein-Westfalen fühlen sich enorm belastet oder sogar extrem überlastet. Das zeigt eine repräsentative Online-Befragung unter allen Schulformen. Die hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Donnerstag (15.2.) in Düsseldorf vorgestellt. An der Umfrage hatten sich im Oktober und November 2023 knapp 24.000 Lehrkräfte beteiligt. Die GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik sagt, die Beschäftigten seien am Limit. Immer mehr Arbeit müsse von immer weniger Personal geschultert werden. Zunehmend verlassen Lehrkräfte Çelik zufolge wegen Überlastung den Job. Dass die Belastungen der Lehrkräfte in den vergangenen Jahren stetig zugenommen haben, bestätigt auch Marcel Teiner aus dem Leitungsteam der GEW in Hamm.
"Der Lehrerberuf macht krank! Die Zahl der Kolleg:innen, die den Lehrerberuf verlassen, steigt stetig. Der Frust ist vollkommen nachvollziehbar." - Marcel Teiner, GEW in Hamm
Lehrerin aus Hamm entscheidet sich gegen den Beruf
Auch eine junge Hammerin hat sich wegen der Arbeitsbedingungen dagegen entschieden, weiterhin als Lehrerin zu arbeiten - trotz ihres abgeschlossenen Studiums. Weshalb der Lehrerberuf als Burnout-Beruf gilt, sei ihr schon während des Studiums klar geworden. Als Vertretungslehrerin habe sie nebenbei an verschiedenen Schulformen gearbeitet. Überlastung sei bei Lehrkräften kein Einzelfall.
"Von vielen Lehrern, ich mit eingeschlossen, kriege ich mit, dass sie nachts nicht schlafen können. Sie sind innerlich komplett unruhig, unausgeglichen, angespannt, müssen das aber alles in sich reinfressen, weil sie Leistungen erbringen müssen - für ihre Schüler. Sie haben ja auch eine große Verantwortung." - ehemalige Lehrerin aus Hamm
Pädagogische Arbeit kommt beim Unterricht in Hamm zu kurz
Im Lippewelle-Gespräch sagte sie, den Lehrkräften werde viel zu viel Verantwortung übertragen. Unterricht vor- und nachbereiten, Elterngespräche führen, Klassenarbeiten korrigieren, mehr als 30 Schülerinnen und Schüler pro Klasse individuell fördern - das sei nicht machbar. Auch eine andere Lehrerin aus Hamm, Sarah Roßbach, bestätigt: Die Arbeitsbelastung ist groß - und sie steigt immer mehr an. Sie mache oft Überstunden und bereite auch am Wochenende noch Unterricht vor. Der pädagogische Anspruch, Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu begleiten, kommt dabei oft zu kurz, das ist auch ein Ergebnis der GEW-Befragung. Demnach verlassen immer mehr Lehrkräfte den Job, weil sie ihren Beruf wegen der hohen Belastung nicht mehr als sinnstiftend erleben, so Ayla Çelik. Ihnen fehle oft die Zeit, um pädagogische Arbeit zu leisten.
"Ich habe angefangen zu studieren, weil ich die Schüler auf ihrem Weg begleiten und ihnen helfen möchte - neben dem fachlichen Wissen, das ich vermitteln möchte. Und das kommt einfach zu kurz, auch weil die Schüler unter einem enormen Leistungsdruck stehen, durch das Curriculum." - ehemalige Lehrerin aus Hamm
Arbeitsbedingungen sollen sich durch mehr Fachkräfte in Hamm bessern
Wenn immer mehr Lehrer aus dem Beruf aussteigen, könnte das noch weiter zum Lehrermangel beitragen. Bei derzeit rund 7000 fehlenden Lehrern sei keine einzige Kraft verzichtbar, so GEW-Vorsitzende Ayla Çelik. Das Schulministerium müsse die Ausbildung ausbauen, besser gestalten und zugleich dafür sorgen, dass Lehrkräfte im System bleiben. Um Quereinsteiger in den Schulen zu halten, sei eine solide, praxisorientierte und berufsbegleitende pädagogische Ausbildung mit angemessener Entlastung zwingend notwendig, sagt Marcel Teiner aus dem Leitungsteam der GEW in Hamm. Zur Entlastung der Lehrkräfte könne auch zusätzliches Fachpersonal beitragen, das Aufgaben in der Verwaltung, Digitalisierung und Integration übernimmt. Ein Sprecher des Schulministeriums sagt, man sei bereits auf dem richtigen Weg, um die Situation zu verbessern - unter anderem durch die Schaffung zusätzlicher Studienplätze und den Einsatz von Alltagshelfern in Schulen.
Lehrermangel auch in Hamm spürbar
In Hamm fehlten im Dezember 2023 mindestens 45 Lehrkräfte, die meisten davon an Grundschulen. Die Zahlen der Bezirksregierung Arnsberg ergeben sich aus unbesetzten Stellen. Dazu kommen aber auch noch die Stellen, die zwar offiziell besetzt sind, aufgrund von Elternzeit, Sabbatjahr oder Erkrankung aber trotzdem nicht ausgeübt werden. Das Thema ist nicht neu: Erst im Januar war über eine neue Kampagne des Schulministeriums berichtet worden, die dem Lehrermangel entgegenwirken soll.