Kliniken und Rettungsdienst in Hamm begrüßen Notfall-Pläne

Die Notaufnahme soll nur noch für Notfälle da sein. Das ist das Ziel einer großen Notfallreform von Gesundheitsminister Lauterbach. Was die Kliniken und die Feuerwehr in Hamm davon halten, erfahrt ihr hier.

Menschen warten in einem Krankenhaus in der Notaufnahme auf einen Arzt.
© simonkr von Getty Images

Künftig nur noch bedrohliche Fälle in Notaufnahmen in Hamm

Gesundheitsminister Lauterbach will Menschen mit nicht bedrohlichen Erkrankungen in Zukunft direkt in eine Praxis schicken oder telemedizinisch betreuen lassen. Das seien mindestens ein Viertel aller Fälle, die derzeit in den Ambulanzen sitzen. Besonders an Wochenenden sind die Notaufnahmen oft überfüllt, bestätigen die Kliniken in Hamm.

"Menschen, die mit leichten Beschwerden in eine Notaufnahme kommen, belasten die Krankenhäuser sehr. Diese Patienten sind es auch, die sich über lange Wartezeiten beschweren, denn natürlich werden lebensbedrohliche Fälle vorrangig behandelt." - Sprecherin Bettina Otte, Johanniter-Kliniken Hamm St. Marien-Hospital

Oft kämen Menschen aus Unsicherheit: Sie könnten in manchen Fällen nicht einschätzen, ob ein Krankheitsbild bedrohlich ist oder nicht. Das treffe zum Beispiel auf junge Eltern zu. Grundsätzlich sei der Gedanke, nicht bedrohlich Erkrankten, eher in einer Praxis als in einer Notaufnahme zu helfen, richtig. Es müsse aber sichergestellt sein, dass durch die Ersteinschätzung am Telefon keine Risiken entstehen, so Otte. Auch Feuerwehrchef Daniel Hüwe sagt: "Lieber einmal zu viel als zu wenig anrufen."

Umfassendes Urteil über Reformvorschlag noch nicht möglich

Auch die Barbara-Klinik in Hamm begrüßt den Vorschlag von Lauterbach grundsätzlich. Bisher fehle jedoch eine "fundierte Bedarfsanalyse, die auf Daten der Notfallpraxen, der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Krankenhaus-Notaufnahmen und des Rettungsdienstes basiert", um den Reformvorschlag umfassend beurteilen zu können. Eine Verschiebung von Patienten aus den Notaufnahmen in Arztpraxen sei angesichts der ohnehin schon überlasteten Praxen nicht unbedingt förderlich.

Wann sollten Patienten in Hamm in die Notaufnahme in den Krankenhäusern?

Grundsätzlich sollte niemand zögern, eine Notaufnahme in Hamm zu besuchen. Die Punkte in dieser Liste können aber dabei helfen, die Schwere der Erkrankung zu beurteilen. Wenn ihr unter diesen Symptomen leidet, solltet ihr euch von einem Arzt in der Notaufnahme untersuchen lassen:

  • Atemnot, ungewöhnliche Kurzatmigkeit
  • Beklemmungen in der Brust
  • starke Schmerzen im Oberbauch
  • Schwindel, Ohnmacht, Sehstörungen
  • Plötzliche starke Schmerzen
  • starke Blutungen, tiefe Schnitte
  • Knochenbrüche
  • starkes, mehrfaches Übergeben
  • Bluthusten oder -spucken

Notrufnummern 116 117 und 112 sollen vernetzt werden

Die Hemmschwelle, die 112 zu wählen, sinkt bei vielen Menschen. Ein Grund: wir werden immer älter. Ein anderer Grund: die ärztlichen Notdienste sind überlastet. Die unter der Rufnummer 116 117 erreichbaren Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen sollen deswegen ausgebaut werden. Sie sollen mit den unter 112 erreichbaren Rettungsleitstellen vernetzt werden. So soll es künftig egal sein, welche der beiden Nummern jemand wählt. Die Barbara-Klinik gibt jedoch zu Bedenken, dass der Entwurf bisher keine verpflichtende Nutzung der vernetzten Leitstellen vorsehe. Patienten könnten also weiterhin selbst entscheiden, ob sie zuerst die 116 117 oder die 112 anrufen. Zielführender wäre es demnach, wenn integrierte Leitstellen alleine die Steuerung übernehmen würden.

Feuerwehrchef in Hamm unterstützt Reform

Auch in Hamm sind die Notfalleinsatzzahlen gestiegen. 2022 waren rund 38.000 von den gut 41.000 Einsätzen medizinische Rettungseinsätze. Das werden seit Jahren mehr und auch die Gesamtzahl der Anrufe steigt. Zahlen für 2023 hat Feuerwehrchef Daniel Hüwe noch nicht vorliegen. Er unterstützt die Reform und die Vernetzung der beiden Nummern. Auffällig sei allerdings, dass in Lauterbachs Beratungsgremium zum Thema Notfalldienst nur Mediziner sitzen, der Rettungsdienst sei bisher nicht vertreten. Beide Nummern sollten relevant bleiben, die 116 117 sollte aber gestärkt werden, so Hüwe. Derzeit sei es oft so, dass die Menschen zuerst diese Nummer wählen, wenn sie dort niemanden erreichen, aber die 112 anrufen. Der Rettungsdienst könne die Anrufe nicht automatisch zurückleiten. Der Patient müsse dann also auflegen und wieder die 116 117 wählen, sagt Hüwe.

Marienhospital: System in Hamm funktioniert

Grundsätzlich sei die Notfallversorgung in Hamm aber funktionsfähig, sagt Sprecherin Otte. Ein gutes Beispiel sei das Blitzeis Mitte Januar gewesen, als das Marienhospital dreimal so viele Patientinnen und Patienten als an einem normalen Wochenende unfallchirurgisch behandelt hat.

"Unsere Notaufnahmen haben den riesigen Andrang an Verletzten, die mit schmerzhaften Prellungen und Brüchen zu uns kamen, gut aufgefangen und mussten mehrere Brüche zum Beispiel an Oberschenkelhälsen operativ versorgen. Wir haben uns ein weiteres Mal bewährt, das bestehende System hier in Hamm funktioniert." - Sprecherin Bettina Otte, Johanniter-Kliniken Hamm St. Marien-Hospital     

Um den Patientenansturm in Krankenhäusern stemmen zu können, gehen die Kliniken innovative Wege. Beispielsweise das sogenannte Flexteam, für das die Barbara Klinik sogar ausgezeichnet wurde. Außerdem soll ein neuer Hubschrauberlandeplatz in Hamm die Versorgung für Patienten verbessern.


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